Rewe entscheidet sich als erster der großen Lebensmittelhändler in Deutschland für den Verzicht von gedruckten Aktionsblättern. Mit ihrem Statement „Im Sinne der Nachhaltigkeit und Digitalisierungsstrategie“ werden ab Juli 2023 die wöchentlichen Prospekte eingestellt und Werbung über digitale Plattformen ausgebaut.
Mit dem Verzicht auf gedruckte Prospekte spart Rewe nach eigenen Angaben in Zukunft vermeintlich:
– 73.000 Tonnen Papier,
– 70.000 Tonnen CO2,
– 1,1 Millionen Tonnen Wasser
– und 380 Millionen kWh Energie pro Jahr ein.
Ersetzen ist kein Verzicht
Die Digitalisierung lässt die Nachfrage nach Print-Produkten in Massenproduktion sinken. Rewe hat in den letzten Jahren viele Plattformen wie ihre App, Social Media, Website und auch das Printprodukt stark gepusht, allerdings überall die gleichen Inhalte gestreut. Doch die Kommunikation von Preisen und Aktionen wurde immer stärker auf digitalem Wege kommuniziert, wodurch die Anzeigen in Printmedien langsam ersetzt wurden.
Greenwashing
Das wöchentliche Aktionsprospekt ist das älteste Werbemedium in der Lebensmittelbranche. Durch die Weiterentwicklung von Drucktechnologien und zukunftsorientierten Umwelt-Innovationen wird der CO2-Fußabdruck stetig reduziert und Printmedien zählen heute zu den umweltfreundlichsten Werbemedien.
Wird in der Gesamtheit der Puplikationsmedien auf ein Produkt verzichtet, verringert sich der Energieverbrauch zwar, handelt es sich aber um kein „Weglassen“ sondern Ersetzen, verschiebt sich der Aufwand nur. Dass das digitale Medium in Sachen Nachhaltigkeit allerdings keinesfalls eine Verbesserung darstellt, zeigen folgende Zahlen:
– 2021 gab es Schätzungen zufolge 52,2 Milliarden Kilogramm Elektroschrott (Zuwachs pro Jahr 3 – 4 %)
– Stromverbrauch aller Server- und Rechenzentren in Deutschland = über 13,2 Mrd. kWh/Jahr*
(Der durchschnittliche Verbrauch eines deutschen Haushalts liegt bei 1300 kWh/Jahr.)
-2015 waren Rechenzentren für 2 % der Treibhausgasemissionen verantwortlich
(etwa so viel wie die gesamte Luftfahrtindustrie)
– Das größte Rechenzentrum der Welt (Langfang, China) hat eine Fläche von 585.289 m2
(= 82 Fußballfelder)
– 2021 betrug das Datenvolumen in den Cloud-Zentren 19,5 Zettabyte (eine Zahl mit 21 Nullen!).
Die jährliche Wachstumsrate liegt bei 27 %**.
Quelle: * Borderstep Institut, ** Cisco Global Cloud Index
Obi verzichtet auf Printmedien
Auch Obi verzichtet seit Juni 2022 auf ihre gedruckten Prospekte. Ihrem Statement können wir nicht zustimmen: „Die Herstellung und Bedruckung von Papier sowie die Verteilung der Prospekte kosten viel Energie, Chemie, Wasser und natürlich Bäume. Das passt nicht mehr in die heutige Zeit“, betont das Unternehmen und verweist stattdessen auf die eigene App. Vollkommen außen vor gelassen werden dabei die vorher genannten Zahlen, was den CO2-Abdruck digitaler Medien betrifft und dass die Papierindustrie in Europa dafür sorgt, dass die Waldflächen Jahr für Jahr wachsen und damit einen wertvollen Beitrag leisten, weil diese der Atmosphäre CO2 entziehen – das tun die ständig wachsenden Rechenzentren nämlich nicht. Richtig ist, dass die Papierkosten aufgrund durch Spekulationen stark gestiegener Energiekosten erhöht wurden und Obi sich schlicht Geld sparen will. Ob das funktionieren wird, sei dahingestellt.
Die Digitalisierung in der Werbung und im Kommunikationsbereich hat absolut ihre Berechtigung. Für jede Anwendung und Botschaft gibt es eine Vielzahl sinnvoller Kanäle und die Wichtigkeit der digitalen Kanäle nimmt stetig zu. Sich aber als umweltbewusst zu deklarieren, weil auf das Drucken von Prospekten verzichtet wird, erachten wir als problematisch, weil es einfach nicht die volle Wahrheit ist. Printprodukte werden gegen Apps, Newsletter und regelmäßige Posts auf Social Media ersetzt, die alle bei jeder Anwendung Energie benötigen und massenhaft CO2 ausstoßen. Printmedien, auf der anderen Seite, benötigen nur bei der Produktion und dem Recycling Energie und stoßen somit in der Gesamtheit weniger CO2 aus.
Dazu würden wir gerne noch einen guten Beitrag von Marko Haneke empfehlen: https://printelligent.de/co2-buch-vs-streaming/
Unser Fazit:
Am Ende geht es doch darum, Treibhausgase zu reduzieren, was mit vielen Maßnahmen möglich ist. Der Verzicht von Papier steht aber im Vergleich zu z.B. Streaming-Plattformen, Fleischkonsum oder Bitcoins ganz weit unten und ist aktuell nicht der Problemlöser Nummer 1. Was die Werbewirkung betrifft, haben unserer Meinung nach beide Medien ihre absolute Berechtigung und funktionieren am besten, wenn man sich Gedanken über die bestmögliche Kombination macht.

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